Fachinformation Neurologische Rehabilitation

Erleidet jemand einen Schlaganfall, geht es zunächst einmal darum, die Krankheitsursachen zu diagnostizieren und zu behandeln, eine drohende Schädigung des Gehirns abzuwenden bzw. zu verringern sowie darum, durch geeignete Behandlung das Risiko eines erneuten Schlaganfalles zu verringern. Leider ist ein Schlaganfall nicht immer abwendbar und trotz adäquater medizinischer Versorgung bleiben zunächst körperliche Beeinträchtigungen als Folge des Schlaganfalles bestehen, wie z. B. Lähmungen oder Sprachstörungen.

Aufgabe der medizinischen Rehabilitation ist es dann, die funktionellen Krankheitsfolgen zu behandeln, und dem Schlaganfallpatienten zu ermöglichen, wieder in sein bisheriges Leben und sein soziales Umfeld mit möglichst wenig Beeinträchtigungen zurückzukehren.

Ziele der medizinischen Rehabilitation

Von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde 1980 das Krankheitsfolgenmodell entwickelt, das eine allgemein anerkannte Grundlage für ein umfassendes Verständnis der Rehabilitation darstellen kann. Im Jahr 2001 wurde es als ICF (Internationale Klassifikation der Funktionen) von der WHO modifiziert und aktualisiert.

Als Folge eines Schlaganfalles lassen sich grundsätzlich unterscheiden:

  1. Schädigungen
    Damit bezeichnet man Einschränkungen körperlicher Funktionen. Hierzu gehören u. a. Kraftminderung (Lähmung), Gefühlsstörungen (Sensibilitätsstörungen), Sprach- und Sprechstörungen (Aphasie, Dysarthrie), Schädigungen des Sehens oder Hörens (z.B. Gesichtsfeldeinschränkung), Hirnleistungsminderungen (z.B. Störungen des Erinnerungsvermögens und der Aufmerksamkeit) sowie psychische Veränderungen (z.B. depressive Reaktion).
  2. Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen Lebens
    Aus den genannten. Funktionseinschränkungen des Körpers resultieren Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen Lebens. So ist durch eine Lähmung oftmals die Mobilität (z.B. Gehvermögen, Vermögen Treppen zu steigen) gemindert, durch Sprach- oder Sprechstörungen ist die Fähigkeit zu kommunizieren eingeschränkt.
  3. Einschränkungen bezüglich der Partizipation (Teilhabe am sozialen Leben)
    Folge der eingeschränkten Körperfunktionen und der daraus resultierenden Aktivitätsstörungen sind auch Schwierigkeiten, sich in den bisherigen sozialen und beruflichen Lebensbereichen wieder zurechtzufinden.

Ziel der medizinischen Rehabilitationsbehandlung ist es, den Schlaganfallbetroffenen möglichst wieder die Rückkehr in sein bisheriges soziales und ggf. auch berufliches Umfeld zu ermöglichen. In der Behandlung geht es einerseits darum, durch geeignete Trainingsverfahren und zum Teil auch durch medikamentöse Unterstützung eine Rückbildung der körperlichen Funktionseinschränkungen (Schädigungen) zu erzielen. Das heißt Lähmungen, Sensibilitätsstörungen, Sprach- und Sprechstörungen, Sehstörungen, Hirnleistungsminderungen, seelische Beeinträchtigungen zu verbessern.

Andererseits geht es darum, die Alltagskompetenz des Schlaganfallbetroffenen wieder zu fördern. Das heißt seine Fähigkeit, sich alleine zu waschen, anzuziehen, sich Mahlzeiten zubereiten etc. wieder zu erlangen. Dies kann einerseits durch eine Verbesserung der körperlichen Funktionen (Schädigungen) erreicht werden, andererseits aber auch durch Erlernen von Strategien, wie man mit körperlichen Einschränkungen besser zurechtkommen kann und durch die Verordnung und das Erlernen des Umganges mit entsprechend geeigneten Hilfsmitteln (z.B. Rollstuhl, Badewannenlifter etc.).

Letztendliches Ziel der Rehabilitation nach Schlaganfall ist es, dass die betroffenen Personen lernen, sich wieder in ihren individuellen sozialen und beruflichen Lebensbereichen zurechtzufinden.

Formen der neurologischen Rehabilitation

Wie können die genannten Rehabilitationsziele erreicht werden?

Die neurologische Rehabilitationsbehandlung kann in verschiedener Weise stattfinden:

  1. Stationäre neurologische Rehabilitationsbehandlung:
    Die Behandlung kann in Spezialkliniken für neurologische Rehabilitationsbehandlung durchgeführt werden. Dies entspricht einer stationären Behandlung wie in einem Akutkrankenhaus, nur dass die rehabilitativen Behandlungskonzepte ganz im Vordergrund stehen. Neben der ärztlichen Versorgung sind im interdisziplinären Behandlungsteam Pflegekräfte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten, Psychologen und der Sozialdienst tätig. Diese Berufsgruppen arbeiten gemeinsam an den für jeden Patienten individuell festgelegten Rehabilitationszielen. Hierzu gehören die Verbesserung der körperlichen Funktionen (z.B. Lähmung), der Fähigkeit, Aktivitäten des täglichen Lebens durchzuführen (Anziehen, Waschen, Essen, Gehen, Treppensteigen etc.) sowie die Versorgung mit Hilfsmitteln soweit nötig (z.B. Rollstuhl, Versorgung mit Hilfsmitteln in der eigenen Wohnung/Haus, wie z.B. Haltegriffe, Badewannenlifter etc.).
  2. Ambulant/teilstationär:
    Das Angebot entspricht dem der stationären neurologischen Behandlung (interdisziplinäre Behandlung durch ein Team von Therapeuten). Der Patient wohnt jedoch bereits zu Hause und wird an Werktagen tagsüber in der Einrichtung behandelt.
  3. Ambulante Rehabilitation:
    Sind die körperlichen Beeinträchtigungen soweit zurückgebildet, dass kein interdisziplinärer Ansatz mehr erforderlich ist, aber in bestimmten Bereichen weiterhin körperliche Funktionseinschränkungen vorliegen, so erfolgt von zu Hause aus eine ambulante Behandlung durch die jeweils sachkompetenten Therapeuten (z. B. Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden).

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Man unterscheidet einerseits die Frührehabilitation mit den Phasen B und C und andererseits die Anschlussrehabilitation / Anschlussheilbehandlung (AHB) als Phase D der neurologischen Rehabilitationsbehandlung.

Neurologische Frührehabilitationsmaßnahmen der Phase B kommen infrage für Patienten mit schwersten neurologischen Krankheitsbildern, die überwiegend bettlägerig sind, auch Patienten mit gestörter Bewußtseinslage. Ziel ist hier insbesondere die Kontaktaufnahme mit der Umwelt sowie die Förderung basaler, sensorischer und motorischer Funktionen.

In der neurologischen Früh-Rehabilitation der Phase C werden Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern behandelt, die zumindest sitzmobilisiert sind und keiner intensivmedizinischen Überwachung mehr bedürfen. Ziel ist hier insbesondere die Selbständigkeit bei den basalen Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. Körperpflege, Anziehen, Nahrungsaufnahme).

Die neurologische Rehabilitation der Phase D (Anschlussrehabilitation / Anschlussheilbehandlung) ist für Patienten vorgesehen, die zumindest bei Benutzung von Hilfsmitteln bereits wieder bei den basalen Verrichtungen des täglichen Lebens selbständig geworden sind. Ziel ist hier das Erreichen von Alltagskompetenz in solchem Maße, dass eine weitgehend selbständige Lebensführung bzw. die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit wieder möglich wird.

Wirksamkeit

Immer wenn eine Therapie bei Patienten angewendet wird oder werden soll, stellt sich die Frage der Wirksamkeit dieser Behandlung. Denn, sowohl Patienten als auch als Ärzte und Therapeuten möchten, dass wirksame Therapien angewendet werden und zwar die Therapien mit der besten Wirksamkeit bei bester Verträglichkeit (ohne Nebenwirkungen). Bei einer medikamentösen Behandlung ist uns das selbstverständlich. Im Grunde ist es aber auch bei Übungstherapien wie etwa Physiotherapie (Krankengymnastik), Ergotherapie, Logopädie (Sprachtherapie) und Neuropsychologie nicht anders.

Doch woher wissen wir, ob Übungstherapien wirksam sind? Kann die Wirksamkeit von Übungstherapien überprüft werden?
Wirksamkeitsnachweise für physiotherapeutische Verfahren sind möglich.

In einer großen Metaanalyse (zusammenfassende Analyse) vieler Studien, die mehr als 3000 Schlaganfall-Patienten berücksichtigte, konnte klar gezeigt werden, dass stationäre Rehabilitationsbehandlung wirksam ist. Das heißt, die Rehabilitationsbehandlung war sonstiger stationärer Behandlung überlegen, wenn es darum geht, ob Patienten wieder alltagskompetent werden und in ihre häusliche Umgebung zurückkehren können.

[Literatur: Stroke Unit Trialists' Collaboration. Collaborative systematic review of the randomised trials of organised inpatient (stroke unit) care after stroke. BMJ 314:1151-1159, 1997].

Rehabilitationsbehandlung hilft also Schlaganfall-Patienten, im Alltag wieder selbständig zu werden, und ermöglicht damit eine Rückkehr in die eigenen vier Wände.

Was ist berufliche und soziale Rehabilitation?

Oben wurden Aspekte der medizinischen Rehabilitation erläutert. Daneben gibt es auch die berufliche und die soziale Rehabilitation.

Zielsetzung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation (berufliche Rehabilitation) ist es, Patienten dauerhaft in Arbeit und Beruf wieder einzugliedern. Zum Bereich der beruflichen Rehabilitation gehören u.a. Leistungen zur Förderung der Arbeitsaufnahme, Leistungen, die eine berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung ermöglichen sowie Leistungen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes.
Die soziale Rehabilitation hat die soziale Integration einer behinderten Person zum Ziel. Gemeint ist damit eine möglichst weitgehende Teilhabe einer behinderten Person am Leben in der Gemeinschaft. Leistungen zur sozialen Rehabilitation werden von den Trägern der Sozialhilfe erbracht.

Autofahren nach Schlaganfall

Neurologische Erkrankungen können die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen, das gilt auch für den Schlaganfall. Prinzipiell hat jeder Führerscheininhaber die Pflicht zur kritischen Selbstprüfung seiner Fahrtauglichkeit.

Wenn aufgrund einer Beeinträchtigung oder bei Gefahr plötzlichen Versagens der körperlichen und/oder geistigen Leistungsfähigkeit eine Verkehrsgefährdung gegeben ist, ist der Betroffene fahruntauglich.

Eine Verkehrsgefährdung liegt vor, wenn entweder der Grad der festgestellten Beeinträchtigung der körperlichen und/oder geistigen Leistungsfähigkeit den Anforderungen beim Führen eines Kraftfahrzeuges auch in Belastungssituationen nicht genügt, oder, wenn von einem Kraftfahrer in einem absehbaren Zeitraum die Gefahr des plötzlichen Versagens der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit zu erwarten ist. Damit ist gemeint, dass bei einem Schlaganfall-Patienten aus zweierlei Gründen Fahruntauglichkeit bestehen kann:

Erstens kann es sein, dass die Leistungsfähigkeit zum Beispiel durch Lähmungen, Koordinationsstörungen, Sehbeeinträchtigungen, oder Minderung der Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit zu sehr beeinträchtigt sein, als dass das Autofahren noch sicher wäre. Und zwar muss die Leistungsfähigkeit auch für Belastungssituationen ausreichen, damit Fahrtauglichkeit besteht.
Zweitens muss gewährleistet sein, dass kein plötzliches Versagen der Fahrtüchtigkeit zu erwarten ist. D.h. zum Beispiel, dass keine Gefahr für einen erneuten Schlaganfall bestehen darf.

Aus dem Gesagten wird klar, dass die Einschätzung, ob eine Person nach einem Schlaganfall noch bzw. wieder fahrtauglich ist, Sachkompetenz erfordert. Eine erste Einschätzung kann oftmals der behandelnde Arzt geben.

Wer einen Führerschein besitzt und danach erst eine Körperbehinderung erleidet, hat die Pflicht, in geeigneter Weise Vorsorge zu treffen. Beispielsweise könnte eine betroffene Person zunächst mit dem behandelnden Arzt über das Thema sprechen und sich beraten lassen. Auch der Kontakt zu einem Fahrlehrer und ggf. eine praktische Fahrprobe mit einem Fahrlehrer können helfen, die eigene Fahreignung besser einschätzen zu können.
Eine rechtsverbindliche Auskunft erhält man, wenn man bei der zuständigen Behörde eine freiwillige Mitteilung über die Erkrankung oder Einschränkung einreicht, damit der Führerschein gegebenenfalls geändert wird oder erforderliche Auflagen bzw. Beschränkungen eingetragen werden.

Die Straßenverkehrsbehörde entscheidet, ob eine medizinisch-psychologische Untersuchung erforderlich ist, oder, ob ein Fahrgutachten beim TÜV ausreichend ist. Oftmals wird eine medizinisch-psychologische Untersuchung verlangt. Die medizinische Untersuchung stellt ein fachärztliches Gutachten dar, daneben ist eine testpsychologische Untersuchung erforderlich, zusätzlich wird eine Fahrprobe gemacht und Auflagen erteilt, wie das Fahrzeug ausgerüstet bzw. umgebaut werden müsste. Ist dies alles abgeschlossen, erhält der Untersuchte ein entsprechendes Gutachten, das er bei der Führerscheinstelle vorlegt, entsprechende Auflagen und Beschränkungen werden dann im Führerschein eingetragen. Die Kosten für die Begutachtung hat der Untersuchte in aller Regel selbst zu tragen, sie belaufen sich auf einige hundert Euro. Weist ein Behinderter jedoch seine Bedürftigkeit nach, so sind die aufgrund der Behinderung erforderlichen Amtshandlungen und Untersuchungen gebührenfrei oder ermäßigt.

Ich hoffe, Ihnen mit diesen Hinweisen mögliche Fragen bezüglich des Führens eines Kraftfahrzeuges beantwortet zu haben. Ich habe versucht, meinen Text korrekt zu verfassen, ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass meine genannten Hinweise keinerlei Rechtsverbindlichkeit haben. Wie oben schon erwähnt, würde ich Ihnen gerne empfehlen, mit Ihrem behandelnden Arzt und / oder der Führerscheinstelle Kontakt auf zu nehmen, um eine individuelle Beratung einzuholen.

.
Logo KNSLogo BMBF