Projekt: „Mikrodialyse und PET beim akuten Schlaganfall“

Hintergrund

Schlaganfälle, die einen großen Bereich einer Hirnhälfte erfassen, verlaufen für die meisten Patienten tödlich: Nur zwanzig Prozent überleben einen solchen "malignen" Schlaganfall. Die Betroffenen sind meist bewusstseinsgestört und müssen künstlich beatmet werden. Dadurch ist es kaum möglich, den aktuellen Zustand des Patienten durch reine klinische Überwachung korrekt einzuschätzen. Für das Überleben des Patienten kann aber genau das entscheidend sein. Was sich bei einem komatösen Patienten im Gehirn ereignet, konnte bislang durch bildgebende Verfahren quasi nur als "Momentaufnahme" erfasst werden. Im Gegensatz dazu erlaubt das neurochemische Monitoring mit zerebraler Mikrodialyse erstmals eine kontinuierliche Messung wichtiger Neurotransmitter und Stoffwechselprodukte im Gehirn. Die Mikrodialyse ist eine minimal invasive diagnostische Methode, bei der eine Sonde vorübergehend ins erkrankte Hirngewebe implantiert wird.

Ziele

Ziele des Kompetenznetz-Projektes sind, mithilfe des neurochemischen Monitorings kontinuierlich ein Zustandsbild des Gehirns von Schlaganfallpatienten zu liefern - und damit Verschlechterungen rechtzeitig erkennen und rasch bekämpfen zu können. Dafür korrelierten die Forschergruppen um Dr. Christian Dohmen von der Neurologischen Universitätsklinik Köln/Max Planck Institut für neurologische Forschung in Köln und Dr. Jürgen Bardutzky von der Neurologischen Universitätsklinik Heidelberg die neurochemischen Messdaten mit modernen bildgebenden Verfahren sowie mit dem klinischen Verlauf der Patienten.

Vorgehensweise

In beiden Abteilungen werden Patienten mit ausgedehnten Großhirninfarkten intensivmedizinisch betreut und mithilfe des Neuromonitorings überwacht. Bereits am Patientenbett lassen sich so erste Messdaten über Neurotransmitter wie Glutamat, Membranbestandteile wie Glyzerin und Stoffwechselprodukte wie Laktat erfassen. Mit Positronen-Emissions-Tomografie (PET)- oder Perfusions/Diffusions-Kernspin-Tomografie (MRT)-Untersuchungen gewinnen die Ärzte weitere Informationen über die Infarktentwicklung und die Durchblutungssituation im Gehirn. Gleichzeitig überprüfen die Forscherteams, wie sich die eingesetzten Therapiemaßnahmen auf das neurochemische Milieu auswirken.
Um spezifische Parameter zu finden, mit denen maligne Schlaganfallverläufe rechtzeitig erkannt werden können, brauchen die Wissenschaftler die Messdaten möglichst vieler Patienten. Dies wird durch die Kooperation im Kompetenznetz ermöglicht. Eine gemeinsame Datenbank, die gegenwärtig aufgebaut wird, wird die Forschung auf diesem Gebiet noch schneller vorantreiben.

Ergebnisse

Die Forscher konnten zeigen, dass der neuroprotektive Effekt lebensrettender Therapiemaßnahmen wie der Kältetherapie (Hypothermie) oder der zeitweiligen Entfernung eines Teils des Schädelknochens (Trepanation) charakteristische Veränderungen der neurochemischen Substanzen bewirken (Berger et al., Stroke 2002; 33: 519-24).

Erfolg oder Misserfolg der Therapien könnten mit solch einer Analyse rechtzeitig beurteilt werden. Auch lässt sich mithilfe bestimmter Aminosäuren und PET-Untersuchungen frühzeitig eine lebensbedrohliche Entwicklung des Infarkts anzeigen (Bosche et al., Stroke 2003; 34: 2908-15; Dohmen et al., Stroke 2003; 34: 2152-58).
Ärzte könnten durch diese Information schneller geeignete Maßnahmen einleiten.

Die beiden Forschergruppen sind die ersten weltweit, die neurochemisches Monitoring bei Schlaganfallpatienten anwenden. Die Ergebnisse sind daher wegweisend für die weitere Anwendung der Methodik in dieser Patientengruppe.

Abb. 1: Bei Patienten mit malignem klinischen Verlauf, d.h. mit Entwicklung eines massiven Hirnödems nach Schlaganfall, zeigen sich größere Volumina minderdurchbluteten Gewebes in der Blutfluss-Messung (CBF) sowie bereits infarziertem Gewebes (FMZ-Bindung) im Vergleich zu Patienten mit benignem Verlauf, d.h. ohne massives Hirnödem. Nur bei Patienten mit malignem Verlauf konnten signifikante Veränderungen der Neuromonitoring-Parameter beobachtet werden.

Projektleiter

Dr. med. Christian Dohmen
Neurologische Universitätsklink Köln/
Max-Planck-Institut für neurologische Forschung
Gleuelerstr. 50
50931 Köln
Tel.: +49-221 / 4726-0
Fax: +49-221 / 4726-298 
E-Mail

Dr. med. Jürgen Bardutzky
Neurologische Universitätsklinik Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 400
69120 Heidelberg
Tel.: +49-6221 / 56-8211
Fax: +49-6221 / 56-5348
E-Mail

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