Vielversprechende Ergebnisse für die Therapie von Hirnblutungen
Aktuelle Forschungsresultate auf dem Symposium des Kompetenznetz Schlaganfall
Besonders problematisch ist, dass etwa 30 Prozent aller Patienten mit spontanen intracerebralen Blutungen innerhalb von vier Stunden Nachblutungen erleiden. „Diese Zunahme der Blutung führt zu einer signifikanten Verschlechterung der Gesamtprognose“, so Steiner. Daher sollte eine frühe Behandlung auf eine Minderung der Nachblutungen abzielen, um die klinischen Behandlungsergebnisse zu verbessern.
Eine Studie, an der insgesamt 399 Patienten aus 73 Zentren in 20 Ländern teilnahmen, zeigte: Die Behandlung von Patienten mit schweren Hirnblutungen mit dem gerinnungsfördernden Wirkstoff innerhalb von 4 Stunden nach Symptombeginn reduzierte nicht nur signifikant das Ausmaß der Nachblutung, sondern auch die Zahl der Patienten, die nach einer Hirnblutung starben. „Ebenso war das klinisch-funktionelle Ergebnis nach drei Monaten im Vergleich mit Placebo behandelten Patienten besser“, berichtet Steiner. Die Therapie mit dem Gerinnungsfaktor VIIa führte zwar nicht zu einer erhöhten Rate an schwerwiegenden Nebenwirkungen, wenn alle Dosisgruppen (40, 80 und 160 µg/kg) zusammengefasst wurden. Aber bei der höchsten Dosis traten signifikant häufiger (5 Prozent) Gefäßverschlüsse auf, die ihrerseits zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führten. Diese Nebenwirkungen hoben jedoch nicht die Wirkung auf (1).
Bei etwa 40 bis 50 Prozent der Patienten mit schweren Hirnblutungen dehnt sich die Blutung auf den Liquorraum des Gehirns (intraventrikuläre Hämorrhagie, IVH) aus, wodurch sich die Prognose weiter verschlechtert. Eine weitere kürzlich veröffentlichte Analyse der Studie über den Gerinnungsfaktor VIIa konnte zeigen, dass die Behandlung mit dem gerinnungsfördernden Wirkstoff auch zu einer Reduktion der IVH führt. Auch dies führte zu verbesserten klinischen Ergebnissen, allerdings waren die Resultate nicht signifikant (2).
Das eingesetzte Medikament ist eine gentechnisch hergestellte Variante des Gerinnungsfaktors VIIa. Es wird seit Jahren unter dem Namen „Novo-Seven“ bei Patienten mit der vererbten Bluterkrankheit zur Blutstillung eingesetzt. Es wird angenommen, dass der rekombinante Gerinnungsfaktor VII durch seinen biologischen Mechanismus nur am Ort der Blutung aktiviert wird.
Kompetenznetz Schlaganfall (KNS)
Durch die Gründung des KNS im Jahr 1999 sind bundesweit Ärzte, klinische Wissenschaftler, Grundlagenforscher sowie Selbsthilfeverbände und andere Organisationen zum Thema Schlaganfall näher zusammengerückt, um Defizite in der Forschung und Versorgung zu beheben. Ideen, Erkenntnisse und Entdeckungen der Grundlagen- und klinischen Forschung gehen so zeitnah in die Behandlung von Schlaganfallpatienten ein. Gefördert wird das KNS vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.
Das Programm des Symposiums des Kompetenznetz Schlaganfall sowie weitere Informationen sind unter www.kompetenznetz-schlaganfall.de/symposium2006 zu finden.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Thorsten Steiner
Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Heidelberg
Tel.: 06221-5639096 (Sekretariat)
Thorsten.Steiner[at]med.uni-heidelberg.de
Literatur:
1. Mayer S, Brun N, Broderick J, Davis S, Diringer M, Skolnick B, Steiner T, for the Europe / Australasia NovoSeven ICH Trial Investigators. Recombinant activated factor VII for acute intracerebral hemorrhage. N Engl J Med. 2005; 352: 777-785.
2. Steiner T, Schneider D, Mayer S, Begtrup K, Broderick J, Diringer M, Skolnick B, Davis S. Dynamics of Intraventricular Hemorrhage in Patients with Spontaneous Intracerebral Hemorrhage: Risk Factors, Clinical Impact, and Effect of Hemostatic Therapy with Recombinant Activated Factor VII. Neurosurgery. 2006; 59: 767-774.
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