20.11.2006

Telemedizin verbessert Schlaganfallbehandlung

Symposium des Kompetenznetz Schlaganfall: Implementierung von telemedizinisch unterstützten Schlaganfallstationen mindert Risiko für Behinderung und Tod

Patienten der TEMPiS-Krankenhäuser hatten, verglichen mit ähnlichen Kliniken, auch nach zwölf Monaten ein signifikant geringeres Risiko zu versterben, in einer Pflegeinstitution zu sein oder eine schwere Behinderung davonzutragen. Das erbrachte eine Auswertung von über 3.100 Patienten. TEMPiS steht für „Telemedizinisches Pilotprojekt zur integrierten Schlaganfallversorgung“ in Südostbayern und ist ein Teilprojekt des Kompetenznetzes Schlaganfall. Während 55 Prozent der Patienten in Vergleichskliniken dieses Schicksal erlitten, waren es in den telemedizinisch unterstützten Kliniken 46 Prozent. „Der Behandlungsvorteil war in allen Unterpunkten konsistent“ so Dr. med. Heinrich Audebert, TEMPiS-Projektkoordinator vom Klinikum Harlaching. „Eine Auswertung drei Monate nach dem Schlaganfallereignis hatte dasselbe Resultat erbracht.“ Die Ergebnisse wird Dr. Audebert im Rahmen des Symposiums des Kompetenznetz Schlaganfall am 24. November in Berlin vorstellen.

In einer ländlichen Region einen Schlaganfall zu erleiden, war bis vor kurzem mit schlechteren Chancen für das Überleben oder ein unabhängiges Leben im Alltag verbunden. Die erwiesenermaßen prognoseverbessernden Schlaganfall-Spezialabteilungen – sogenannte Stroke Units – wurden nämlich fast ausschließlich in größeren Städten eingerichtet. Für die ländlichen Gegenden fehlten bisher die finanziellen Mittel und ausreichend neurologische Experten.

Unter Mitinitiierung durch das Sozialministerium und die Krankenkassen Bayerns sowie die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe entstand vor drei Jahren das „Telemedizinische Pilotprojekt zur integrierten Schlaganfallversorgung“ (TEMPiS) in Südostbayern. Seit 2005 ist das Projekt auch Teil des Kompetenznetzes Schlaganfall. Dabei wurden zwölf regionale Krankenhäuser im Aufbau einer Schlaganfall-Schwerpunktstation durch die beiden Schlaganfallzentren in München-Harlaching und Regensburg unterstützt. Zusätzlich sind die Krankenhäuser rund um die Uhr in der Lage, Schlaganfall-Patienten über eine High-Tech-Vernetzung telemedizinisch den Experten in den Schlaganfallzentren vorzustellen. Nach einer Untersuchung vor der Kamera und einer Mitbeurteilung der Computertomographie- bzw. Kernspinaufnahmen wird dann gemeinsam die weitere Diagnostik und Therapie festgelegt.

Nachdem sich im Verlauf mit inzwischen über 10.000 Telekonsilen eine hohe Akzeptanz der Vernetzung bei Ärzten und Patienten gezeigt hatte, sollte mit einer vergleichenden Projektanalyse geklärt werden, ob sich die Behandlung, gemessen an anerkannten Qualitätsindikatoren, und die Prognose der Patienten durch das neue Konzept verbessern lässt.

Telemedizin überbrückt Versorgungsgefälle
Dazu wurden über 22 Monate alle Schlaganfallpatienten aus fünf TEMPiS-Kliniken und fünf vergleichbaren Kliniken in eine Studie aufgenommen und die Behandlungsergebnisse nach drei Monaten miteinander verglichen. Hauptergebnisse sind, dass weniger Patienten in den TEMPiS-Krankenhäusern verstarben, ins Pflegeheim aufgenommen wurden oder eine schwere Behinderung zurückbehielten. Auch in den Indikatoren für die Behandlungsqualität zeigten sich große Unterschiede: Während in TEMPiS 4,6 Prozent der Patienten eine Lysetherapie erhielten, die die Auflösung von Blutgerinnseln bewirkt, waren es in der Kontrollgruppe nur 0,4 Prozent. Neben einer frühen diagnostischen Abklärung wurden bei den TEMPiS-Patienten auch signifikant häufiger rehabilitative Therapien durchgeführt. Trotz einer geringeren Verlegungsquote hatten die telemedizinisch unterstützten Kliniken eine kürzere akutstationäre Aufenthaltsdauer. „Diese Ergebnisse sprechen klar dafür, dass durch eine Behandlung nach dem TEMPiS-Konzept eine erhebliche Verbesserung der Schlaganfallprognose auch in Krankenhäusern außerhalb von Ballungsräumen möglich ist“, so Audebert. Das Projekt wurde daher in Bayern bereits in die Regelversorgung aufgenommen.

Kompetenznetz Schlaganfall
Das Kompetenznetz Schlaganfall erforscht die Ursachen des Schlaganfalls, neue Diagnose-, Behandlungs- und Rehabilitationsmöglichkeiten sowie die aktuelle Versorgungslage von Schlaganfallpatienten in Deutschland. Die Forscher sind in mehr als vierzig interdisziplinären Projekten in neun thematisch ausgerichteten Subnetzen organisiert. Der Forschungsverbund ist ein seit 1999 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördertes bundesweites Netzwerk, in dem Ärzte, klinische Wissenschaftler und Grundlagenforscher eng zusammen arbeiten. Ziel ist es, die Kompetenz der beteiligten führenden Forschergruppen zu bündeln, die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern, Ärzten und Betroffenen zu verbessern – und damit die Schlaganfallforschung noch effizienter voranzutreiben.

Ansprechpartner:
Dr. med. Heinrich Audebert
Städt. Krankenhaus München-Harlaching
Tel.: 089-6210-2688 / -2257
Vertretung Dr. med. Johannes Schenkel
Tel.: 089-6210-2255

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